Bericht der UWV-Internetredaktion


14.07.2011 - Autor: Werner Beck

Kann sich Mechernich eigene Stadtwerke leisten?

Suche nach Wegen, die Energiewende lokal umzusetzen, und kreisweiter Appell zur eigenen Wertschöpfung

Nach Fukushima und der neuen, erst kürzlich im Bund beschlossenen Gesetzeslage sowie der lokalanstehenden Neuvergabe der Konzession, herrscht hier dringender Informationsbedarf. Hoch aktuell wird dies zusätzlich durch die ernsthaften Überlegungen der Stadt Mechernich die Energieversorgung in eigene Hände zu nehmen. Werner Beck, als Leiter der Arbeitsgruppe Energie der Kreis-UWV, lud am 4. Juli ins Mechernicher Rathaus zur Diskussion ein. Es trafen sich UWV-Vertreter der Kreis-Kommunen, um den neuesten Sachstand und mögliche weitere Entwicklungen politisch kompetent begleiten zu können. Mit Vertretern der Energie Nord-Eifel, ene, folgte auch das hiesige Elektrizitätsunternehmen der Einladung. Herr Böhm, kaufmännischer Leiter, und der technische Leiter, Herr Mertgens, standen als auskunftsfreudige Fachleute Rede und Antwort.

Aufgrund der Ausschreibung der Konzession, die Ende 2012 ausläuft, steht diese im Mittelpunkt des Interesses. Mit der Vergabe dieses Wegerechts haben die Kommunen die Chance das Elektro-Verteilnetz zu kaufen. Mit diesem ersten Schritt der Rekommunalisierung kann die lukrative Wertschöpfung wieder zum Bürger selbst zurückgeholt werden. Selbstverständlich kann die Kommune darüber hinaus Energiehandel betreiben und auch, wenn sie die Möglichkeit dazu sieht, in die eigene Energieerzeugung (oder Beteiligung andernorts) einsteigen. Die Kommune verdient also an der Stromrechnung aller Kunden, auch ihrer eigenen Bürger, nicht nur an der Konzessionsabgabe, die sie sowieso erhält, sondern auch an dem zusätzlich erwirtschafteten Gewinn, der sonst anderswo hin fließt. Hier muss sich kein Bürger übervorteilt sehen. Wenn der Preis nicht marktgerecht ist, wandert der Stromkunde zu einem anderen Versorger.  Auf alle Fälle weiß der Bürger, dass von seinem Geld in erster Linie die eigene Gemeinde profitiert. Und: Umweltpolitisch kann mitbestimmt werden, wohin die Reise geht.

Wenn die Gemeinde das in ihren Grenzen bestehende Verteilnetz selbst kauft und einen kompetenten Betreiber dafür einsetzt, ist der wirtschaftliche Erfolg so sicher, dass selbst Kommunen im Nothaushalt die Gelder dazu genehmigt wurden. Als Betreiber erhält die Firma den Zuschlag, die am besten die Kriterien der Ausschreibung trifft. Stadt und Betreiber sind nach den vertraglichen Bedingungen rund 20 Jahre aneinander gebunden. Deswegen ist die Vorbereitung einer solch umfassenden Ausschreibung komplex und zeitaufwendig.

Wie kann man nun konkret vorgehen? An der KEV/ene ist zur einen Hälfte der Kreis Euskirchen, zur anderen die RWE beteiligt. Herr Böhm erklärte, dass man gerne die Kommunen mit einem dritten Anteil zu gleichen Lasten der RWE und des Kreises im Boot hätte. Die Konzessionsabgabe bliebe weiterhin wie gehabt, man würde aber an dem wirtschaftlichen Erfolg in Höhe der Beteiligung partizipieren. Der wesentliche Vorteil wäre hier ein bereits erfolgreiches, eingeführtes Unternehmen mit geringem Risiko und sicherem Gewinn fortzuführen.

Wulf-Dietrich Simon, Fraktionsvorsitzender der UWV Mechernich und Ratsmitglied im Kreis Euskirchen, führte den langen Bearbeitungsweg zur juristisch sicheren Abwicklung auf, die es praktisch unmöglich mache, rechtzeitig einen Konsens mit dem Kreis und seinen Bürgermeistern zu erreichen. Diese Vorbehalte vertreten wohl auch die anderen Mechernicher Fraktionen. Kompliziert wird es, weil aus den Energieeinnahmen der Kreis den öffentlichen Nahverkehr subventioniert. Diese Gemengelage verhindere somit eine rechtzeitige Einigung. Des Weiteren ist der Wissensstand in die komplexe Thematik und die lokalen Gegebenheiten allgemein kaum verbreitet um schnell kreisweit Konsens zu finden.   Gerd Müller, der Fraktionsvorsitzende der UWV Zülpich, informierte sich mit einigen seiner „Mitstreitern“ über dieses Thema, um es im Rat voranzubringen. In Zülpich habe die Verwaltung wegen angeblicher Unrentabilität nur abgewunken.

Franz-Josef Hilger von der UNA Nettersheim sieht auch ein fundamentales Problem im Verständnis der Energiewende im Rat seiner Gemeinde, das er an unverständlichen Widerständen gegen neue Windenergieanlagen und entsprechenden Konzentrationszonen festmacht.

Lediglich die UWV bemüht sich Informationen zur sinnvollen Entscheidung in jede Kommune zu bringen. Mittels der frühzeitig ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe Energie versucht sie systematisch kreisweit zumindest die eigenen Mitglieder in dieser Sache mitzunehmen.

Herr Mertgens stellte fest, dass sich die ene bereits zu 30% mit regenerativen Energien versorgt. Fragen zur energetischen Nutzung und Speicherung des nahegelegenen Talsperrensystems, zu Windenergieanlagen, Photovoltaik und anderen bereits umgesetzten Nutzungen regenerativer Energien wurden von ihm umfassend beantwortet. Allgemein ist die breite Aufstellung der ene in der zukunftsfähigen Energieerzeugung und der Vorbereitungen zur innovativen Steuerung des Verteilnetzes sehr beachtlich.

Als wesentliche Erkenntnis bleibt: Die Stadt Mechernich hat kaum noch Möglichkeiten zu sparen, wenn sie nicht in der Konkurrenz zu anderen Kommunen abfallen will. Somit bleibt nur die Möglichkeit selbst Geld zu verdienen. Dazu – und das weiß jeder – muss man erst einmal selbst Geld in die Hand nehmen. Warum sollte dieses Unterfangen in Mechernich nicht glücken? Eine Vielzahl anderer Kommunen hat es uns vorgemacht.

Zum Abschluss bat Werner Beck die Teilnehmer sich als „Missionare in energetischer Hinsicht“ zu betrachten und sich in ihrer jeweiligen „kommunalen Diaspora“ dafür stark zu machen.